Blog aus Zentralasien 2015

Bismillah al rahman al rahim – in the name of god
بسم الله الرحمن ارحیم

Isfahan, 21. Farvardin im Jahre 1394

Liebe Familien, liebe Freunde
Das Joghurt, das im Jahr 1394 ablaeuft, ist nicht vor ueber 600 Jahren abgelaufen. Wir schreiben das Jahr 1394 im Sonnenkalender. Ist nicht das gleiche wie 1200 nach Hedschra, dem arabischen Kalender, dem Mondkalender. Die Iraner haben ihren eigenen Kalender. 
Koshomadi! Welcome to Iran! Wir sind im alten Persien, im Iran, im Land mit den freundlichsten Menschen der Welt. Und glaubt mir, ich bin in 81 Laendern gewesen, hier leben die nettesten Menschen! Wir sind auf der legendaeren Seidenstrasse, in einer der schoensten Staedten der Welt. Isfahan, was fuer ein magischer Name, Esfahan, nesf-e Dschahan, Isfahan ist die halbe Welt, der Mittelpunkt der Erde. Im Mittelalter, von 1580 bis ueber das 17. Jahrhundert hinaus unter den Abbassiden, unter Shah Abbas, war Isfahan eine der bluehendsten Staedte der ganzen Welt. Und unter Shah Abbas wurden hier die schoensten und maerchenhaftesten Palaeste gebaut. Gestern Abend, zum Sonnenuntergang, haben wir auf dem Nagsh e Dschahan, auf dem grossartigen Platz Meidan-e Shah, oder halt eben Meidan-e Emam, ein Safran-Glace gegessen, umgeben von Bazargassen, dem Koenigspalast Ali Qapu, der herrlichsten Moschee Masdschid-e Scheikh Lotfollah mit der atemberaubend schoenen Kuppel, und der riesigen Masdschid-e Shah, mit tausenden und tausenden von blauen Kacheln – die stellt sogar die Suleymaniye Moschee von Istanbul in den Schatten. Well, in Istanbul waren damals ja auch persische Kuenstler am Werk. 
Es ist mir sehr wichtig, dass Corsin multikulti aufwaechst, mit Toleranz gegenueber anderen Gesellschaften, Kulturen, Traditionen und Religionen, damit er nie in einer Schweizer Abstimmung ueber ein Minarettverbot Ja stimmen wuerde, wie die duemmere Haelfte der Schweizer…
Hier hat es nur tolerante Touristen.  Jede Tussi, die meint “ich zieh doch kein Kopftuch an in den Ferien!” kann nicht hierherkommen! Wir sind froh darueber! Gott sei Dank! Solche dummen Ignoranten hat es hier nicht. Hierher kommt nur, wer sich wirklich interessiert! Keine Touristen, die nur Strand und Sonne suchen und denen es dabei egal ist, wo sie sind. Keine, die sich mit Spaghettitraegern und bauchfrei mit Nabelpiercing und Shorts in einen orientalischen Bazar wagen. Klar duerfen sie das, aber es gehoert sich nicht. Wir wuerden ja auch nicht im Bikini die Bahnhofstrasse runterschlendern… Hier hat es keine Schickeria die sich - wie in Marrakesch - nur die 1001 Nacht Hotels reinziehen aber die Leute beleidigen. Keine Touristen, die nur orientalisches Dekor lieben, aber zu Hause gegen die Muslime laestern. Zum Glueck. Hier gibts nur interessierte Besucher. Und die Iraner schaetzen es sehr, dass wir uns ihr Land als Ferienland ausgesucht haben. Ueberall werden wir immer wieder mit Koshomadi, Welcome, begruesst.

Nach einem 2stuendigen Flug nach Istanbul (wo es geregnet hat), 5 Stunden im Transit (Glace essen und Spielwaren anschauen) sind wir weiter nach Teheran geflogen, wo uns Abbas, ein 44jaehriger Lehrer, den ich vor 14 Jahren in einem Bergdoerfchen in der laendlichen Provinz Lorestan kennengelernt habe, am Flughafen abgeholt hat. Morgens um 4 Uhr ist er mit seiner Frau Fateme (33) und seinen 2 Toechtern zum Flughafen gekommen! Die 7jaehrige Nasstaran schlief im Auto, die 15jaehrige Nilufar kam uns abholen. An einem Glace-Promotionstand bekamen wir grad mal ein Eis. Abbas und seine Familie wohnen in der Kleinstadt Robad Karim, suedlich von Teheran, dem 10 Millionen Einwohner Moloch voller Abgase und Verkehrsstaus. Wir sind dann gar nie in die Metropole reingefahren, sind nur in Robad Karim und in den umgebenden Doerfern geblieben. 
Corsin hat sich sensationell mit den Maedchen verstanden, sie haben sich gekussst und umarmt, sie haben bis um 1 Uhr morgens miteinander gespielt. Abbas hat keine Moebel in der Stube, man sitzt auf Kissen, wir schliefen zu siebt auf kleinen Matratzen auf dem Boden. Fateme hat uns koestlich verwoehnt, wir haben Pouletspiesse grilliert auf der Dachterrasse, gegessen haben wir immer auf dem Boden, um ein Tischtuch, mit Reis, Salat, und immer Fladenbrot. Am zweiten Tag haben wir dann mit dem Piloten Behzad abgemacht, einem Iran Air Copi, den Christian letztes Jahr in Paris im Simulator von Fokker 100 kennen gelernt hat. Iran Air hat 16 Fokker 100, aber nur 4 sind flugreif, die anderen stehen mit Motorschaden oder was weiss ich herum, sie haben keine Ersatzteile wegen den Saktionen! 12 Flieger stehen herum!!!
Behzad ist mit seiner Frau und seinen drei Soehnen zu uns gekommen und hat uns dann alle in ein sehr chices Restaurant eingeladen. Seine Frau Mariam kam im Tschador, und blieb im Tschador, sogar in Fatemes Haus, wie auch im Restaurant. Es steht uns nicht zu, darueber zu werten, dass sie den Tschador, woertlich Zelt, tragen moechte. Ihr Mann schreibt ihr das nicht vor. Ich persoenlich haette ihm eine etwas attraktivere, und repraesentativere Frau gewuenscht, er ist ein Mann von Welt, reist viel. Sie war sogar 4 Monate mit ihm in Holland, hat aber sogar dort den Tschador getragen. Sie macht das absolut freiwillig, ist sehr religioes, hat Religion studiert. Ihr Vater ist Mohammad Zaki Nadschafi Tabrizi, er war frueher Traffic Manager bei der Swissair. 

Mit Ahmad Reza, Hamid Reza und Amir Reza, gingen wir auf einen Spielplatz mit vielen afghanischen Kindern und dann eben in dieses super Restaurant zu Mussir, Joghurt mit wildem Knoblauch, Oliven mit Haselnuss- und Granatapfelpaste (fuer Insider: Parvardeh Seytun), Joghurtdrink Dukh, Shishlyk Sultani, Dschendsche Kebab, Bachtiari Kebab, Kafkasi Kebab, Dschudsche Kebab und was weiss ich alles was fuer Kebab, Reis, Salat. Das iranische Essen ist sensationell.
Abends spielten wir in der Wohnung von Abbas, wir spielten Ball, so gross war die Stube, wir tanzten, und wir Frauen tauschten Schmuck aus, Ohrringe, sie schenkten mir einen Ring, eine Halskette und eine Armkette. Nach drei Tagen fuehlte ich mich schon wie seit Wochen hier! Dies ist mein 6. Mal im Iran. Ich liebe den Iran! Ich liebe ihn von ganzen Herzen. Wo gibt es denn diese Gastfreundschaft?! Am dritten Tag fuhr uns Abbas gar bis nach Kashan, weil die Busse hier nicht durchfahren, und weil er fand, das Taxi sei doch viel zu teuer. Er war dann allerdings schon sehr erstaunt, dass wir fuer unser folgendes Hotel 80 EUR pro Nacht zahlen, das sei ein Drittel von seinem monatlichen Lehrergehalt! Zu siebt in seinem Auto fuhren wir  150 Kilometer in ca. 2 Stunden auf der Autobahn nach Kashan, eine Stadt am Rand der Wueste. Iran hat zwei Wuesten, die Dascht-e Lut und die Dascht-e Kabir.
Benzin wird hier immer noch etwas subventioniert, wenn auch nicht mehr so viel wie vor 19 Jahren, als ich das erste Mal hier war. Damals kostete ein Liter weniger als eine Flasche Mineralwasser. Heute bekommt jeder 60 Liter pro Monat zu 25 Rappen pro Liter, danach muss er 35 Rappen bezahlen.
Im Sommer ist Kashan fast nicht aushaltbar, jetzt im Monat Farvardin, im Fruehling, ist sie nachts angenehm kuehl, am Tag so 25-30 Grad am Schatten. In dieser Stadt wurden mehrere alte Haeuser aus der Qadscharen-Dynastie von den letzten 200 Jahren in Luxushotels umgebaut. Wir logierten im Mahinestan Raheb, einem wahren Bijou eines Boutique Hotels, das sofort in meiner Hotelhitparade auf Platz 1 gestiegen ist. Im 200jaehrigen Haus eines Teppich-Haendlers hat es hier 8 traumhafte maerchenhafte Zimmer wie aus einem Maerchen aus 1001 Nacht, um einen Innenhof mit einem Wasserbecken, umgeben von Rosen, Granataepfel- und Feigenbaeumen. Wir hatten eine 2stoeckige Suite. Unglaublich. Ihr findet das Hotel auf www.msrhotel.ir – sensationell. 
Nach einem herrlichen Fruehstueck im palastaehnlichen Restaurant unter hohen Stukkaturdecken und Gewoelben, mit frischem warmen Fladenbrot, der obligaten iranischen Rueblikonfi und Rosenmarmelade, Halva (Suesse Sesampaste) und Tee mit Kardamom, Rosenwasser und Safranzucker, besuchten wir die wunderschoenen  Herrschaftshaeuser der Stadt: Khan-e Abbassian, Khan-e Tadsch, Khan-e Tabatabei, Khan-e Borudscherdi, das Hammam-e Sultan Mir Ahmad und die Masdschid-e Agha Bozorg. Ah wie gehen diese persischen Woerter runter wie Honig. Farsi ist eine ausserordentlich schoene Sprache. Mein Farsi ist unterdessen schon sehr gut. Unser Kellner fand, mein Akzent sei sehr sehr gut. Corsin hat viel Freude auf dem Bazar, beim Baecker; beim Metzger hat er die drei Schafskoepfe im Kessel bestaunt. In einem Spielwarenladen haben wir ihm 5 Autos gekauft. Vor dem Hotel Ameriha, dem besten Hotel der Stadt, hat uns eine Familie aus Mashhad zu sich nach Hause eingeladen. Wir werden am Montag nach Mashhad fliegen und sie holen uns dort am Flughafen ab.
Qeschq-e Batemdschan, mein Lieblingsessen im Iran, steht hier auf der Karte, Corsin versucht die Goldfische zu fangen im Wasserbecken im Restaurant. Vor zwei Wochen war Nouruuz, persisches Neujahr, die Leute haben Goldfische gekauft und aufgestellt in Salatschuesseln, dann in die Wasserbecken uebersiedelt. Ueberall hat es nun Goldfische in den Pools. Wir laben uns an Pouletspiessen mit Safranreis, Salad Schirazi mit Gurken, Tomaten und Pfefferminz, und eben Auberginen mit Kaesesauce und Pfefferminz, und natuerlich frischem warmen Fladenbrot. Nur den Rotwein muessen wir uns dazudenken. Aber egal. Der Schwarztee mit Rosenwasser und Kardamom passt besser…
Kosmetik, Kleider, Lampen, Schmuck, Kuechenutensilien, Teppiche, Karawansereien, Toepfe, Antiquitaeten, Krimskrams, Samovarmacher, Moebel, Seifen, Buersten, Schuhe, Spielzeuge… ich liebe Bazare! Bei einem Goldhaendler koennen wir endlich richtig Geld wechseln und werden augenblicklich zu Millionaeren: Fuer 200 EUR bekommen wir auf dem Schwarzmarkt 6'900'000 Rials! ! Ein EUR = 34500 Rial. Vor 20 Jahren bekam ich fuer einen Dollar erst 4000 Rials. Die Iraner leiden sehr unter den Sanktionen. Hoffen wir dass diese bald aufgehoben werden!(Im Frühling 2016 wurden sie dann auch aufgehoben.)
Von Kashan fuhren wir mit einem Taxi eine Stunde in die Berge ins suesse Bergdoerfchen Abyaneh, vorbei an der Urananreicherungsanlage Natanz. Im Lonely Planet steht man soll unter keinen Umstaenden Fotos machen. Von weitem sahen wir die Flugabwehrkanonen des Militaers, und auf den umliegenden Bergen sollen Scharfschuetzen postiert sein. Kein Flugzeug darf die Anlage ueberfliegen. Der Flug Teheran – Isfahan fliegt einen Umweg…
Abyaneh hat jetzt ein zweites Hotel, das Viuna Hotel, viel schoener als das Abyaneh Hotel, mit schoener Aussicht auf Garten und Berge, jedes Zimmer mit Balkon. Reza, der Manager, ist ein Supertyp, und die Kurden Halaleh, ihr Mann Mohammad, Navid und der Receptionist Ehsan spielen mit uns Billiard. Wir rauchen zusammen Galyan, Wasserpfeife mit Apfeltabek, Corsin zieht auch ein paarmal am Schlauch, findet es laessig. Wir liegen auf einem Takht, auf bettenaehnlichen Holzgestellen mit Teppichen und bequemen Kissen, trinken Tee und geniessen die frische Bergluft. Corsin will immer wieder zu den jungen Kaninchen, den Huehnern, dem Gueggel und zu den weissen Taeubchen. Er durfte die jungen Haeschen streicheln und auf den Arm nehmen. Das Doerfchen besuchen wir mit der Montenegrerin Wesselinka, einer ausgeflippten wilden crazy Frau die in Holland wohnt. In den engen Gaesschen werden wir immer wieder gebeten, fuer Fotos zu posieren. Wenn wir nicht schon eine Einladung nach Isfahan gehabt haetten, wir waeren schon wieder eingeladen worden! Ich kaufe neue Souvenirs fuer meine Freunde in Turkmenistan und Kirgistan als Mitbringsel und wir schwatzen mit den alten Frauen, die vor ihren wunderrschoenen traditionellen Lehm- und Strohhaeusern sitzen, in ihre farbenfrohen Trachten gekleidet. Es hat vielleicht ein Dutzend Touristen, vor allem Griechen heute, sonst einheimische Touristen aus Shiraz, Isfahan und Kashan. Wir besuchen die oertliche Moschee, das Emamzadeh (Grab) und ein Ateschkade, ein Tempel der Zoroastrier aus vorchristlicher Zeit.

Taxi 150 Kilometer fuer 22 USD nach Isfahan. Das Busfahren tun wir uns bei diesen lächerlichen Taxipreisen gar nicht an. Vorbei an drei alten Karawansereien, wo sich vor langer langer Zeit die Karawanenhaendler mit ihren Kamelen fuer die Nacht in Sicherheit bringen konnten.
Und jetzt sind wir also in Isfahan, bei Mojtaba und Golshan, dem Professor fuer Agraringenieurwissenschaften und der Doktorandin in Umweltwissenschaft, in einem modernen Appartmentblock im Norden der Stadt. Wir werden verwöhnt mit Fessendschan, dem Poulet an Granatapfel- und Walnuss-Sauce, mit Qeschq-e Batemdjan, mit Chicken, Pilzen, Reis und Salat, mit Tee und dazu Buttercremetorten, mit Sesamcaramelguetzli, mit Nougat mit Rosenwasser… und ich Depp dachte, wenn es keinen Alkohol gibt, dann muesste ich doch abnehmen…
Heute gingen wir in ein traditionelles Restaurant, einem wunderbaren renoviertem 450 Jahre alten Hammam, einem Badehaus, wo sich die Einwohnen frueher gewaschen haben. Jetzt ist es ein schmuckes Plaetzchen mit etlichen Wasserbecken mit Springbrunnen. Wir assen fuer uns neue Speisen, auf antiken Messing- und Kupfertablets, die Menus hiessen Tajine und Biriyani, hatten jedoch gar nichts mit den marokanischen Tajines und mit inidischen Biryanis zu tun. Daneben gibts ein herziges traditionelles Backpackers Hotel mit Innenhof. 
Wir gingen Pedalo fahren auf dem Zayande-Rud, auf dem Fluss, der sich malerisch durch die Stadt schlaengelt, mit gruenen Parkanlagen gesaeumt, spatzierten ueber die wunderhuebsche Si-o-Se-Pol oder 33 – Bogen-Bruecke aus der Abbassidenzeit, gingen Chai trinken ins legendaere Shah Abbasi-Hotel, dem bekanntesten Hotel des Landes. Der Tee kostet fuer hiesige Verhaeltnisse ein Vermoegen, wer aber den Iran kennt, weiss, dass alles hier sehr billig ist. In einem anderen Land wuerde das Zimmer sicher ein Mehrfaches kosten, hier ist das Doppel ab 120 EUR zu haben. In einer richtigen Medresse aus der Zeit der Abassiden, mit einem Innenhof voller Rosenbeete, wo man sich vorstellt, dass Sheherezade grad dem Sultan ein Maerchen erzaehlen wird und er sie dafuer am Leben laesst… Weil es Freitag, und somit freier Tag ist, sind Tausende Einwohner am Flanieren, am Spazieren, am Picknicken. Wir gehen zur Pol-e Khadschu, der zweiten von drei alten wunderbaren antiken mittelalterlichen Bruecken ueber dem Fluss, der endlich wieder Wasser fuehrt. Auf den vielen Kinderspielplaetzen kann Corsin sich austoben und mit dem Helicopter, dem Flugzeug, dem Panzer und dem Kampfjet fliegen fuer 1500 Toman/15000 Rial. Im Abbassi Hotel lernen wir zwei fast gleichaltrige Buben kennen, Halbiraner aus Oesterreich, und die Mutter hat uns eingeladen, mit ihr und ihren Buben am Sonntag zu einem Kinderparadies zu kommen. Die Kinder muessten doch etwas zusammen spielen koennen. Sensationell! Abgemacht. Telefonnummern ausgetauscht, Mojtaba wird uns bei ihr abladen und sie nimmt uns dann mit dorthin. Er ist mit den zwei Lausebengeln schreiend durch die ganze Luxusanlage gerannt. Ihr Haettet ihn sehen sollen. Sie haben einen kuriosen Kaefer entdeckt, der wie eine Mischung aus Kakerlake und Skorpion aussieht, ein Riesending.
Was Corsin isst? Es hat hier keine Pommes Frites! Fladenbrot, Omelettes, Pistazien, Cajew Nuesse, immer noch Schweizer Darvidas, Gurkenraedli, Reis, Poulet… Pipi Zamzam Cola, Roter Traubensaft, Orangensaft.
“Ich han mal de Michelle (Spielgruppenleiterin) gseit, mini Eltere sind so lieb, will sie goend immer mit mir id Ferie!” – Da hat unser Herz ja grad viel hoeher geschlagen!

Noch zwei Tage Isfahan, dann fliegen wir nach Mashhad zur anderen Familie mit einem 2 jaehrigen Buben, dann Taxi nach Turkmenistan zu meinem alten Bekannten Murad mit 3 Kindern, nach Ashkhabad, der Hauptstadt Turkmenistans, die unterdessen eine Mischung aus Pyongyang und Las Vegas geworden sein soll, bevor wir die legendaeren Staedte Buchara und Samarkand auf der Seidenstrasse besuchen. Wir melden uns Ande April aus Bishkek wieder, dort sollten wir bei Swetlana wieder WLAN, einen Computer und Internet haben.

Khodafez, Auf Wiedersehen, viele liebe Gruesse
Fausta, Christian und Corsin

2. Reisebericht Seidenstrasse 2015

In the name of god – Bismillah al rahman al rahim
Bischek, 30. April 2015

Liebe Familien, liebe Freunde,
Wie gehts euch in der Schweiz, in Deutschland? Wir sind bereits in meinem Lieblingsland Kirgistan. Wo sind wir stehengeblieben in meinem letzten Reisebericht? In Isfahan, eine der schoensten Staedte Persiens.
WHO CAN CLAIM TO HAVE SEEN THE MOST BEAUTIFUL CITY IN THE WORLD WITHOUT HAVING SEEN ISFAHAN? (Andre Malraux)
Waehrend die Schickeria Isfahans die wildesten Parties schmeisst in den privaten Gaerten ausserhalb der Millionenstadt, mit viel Alkohol, da nahmen wir es gemaechlicher. Sind 5 Tage in Isfahan bei Mojtaba und Golshan geblieben. Jeden Tag ausgeschlafen, um 9 oder 10 erst gefruehstueckt, immer mit Fladenbrot, dann am spaeten Vormittag mal mit unseren Gastgebern in die City gefahren mit ihrem Auto, zum Chehel Sotun und Hascht Behescht Palast von Shah Abbas, in herrliche Parkanlagen mit viel Kinderspielplaetzen, mit Karrussell und Autos, Flugzeugen und so Zeugs, wo Kinder sich reinsetzen koennen und fuer ein paar Cents schaukeln. Eiscreme und Zuckerwatte essen. In einem traditionellem Restaurant all das essen, was wir bis jetzt noch nicht kannten. Immer mit Safran, Rosenwasser, Kardamom, Koriander – einfach orientalisch, romantisch… in einem Interior wie aus den Maerchen
von Sheherezade. Mit der Iranerin die mit ihren zwei Buben in Wien wohnt und die wir im Shah Abbassi Hotel beim Tee kennen gerlernt haben, sind wir in den Vogelpark und das Terrarium gegangen und auf eine Kinderinsel im Fluss Zayande Rud. Mit vielen verschiedenen Spielzimmern und Kindergaertnerinnen zum spielen. Da sassen dann unsere Jungs und spielten und konnten zusammen wieder mal deutsch sprechen. Wir kauften Hamburger und machten Picknick im Park beim Spielplatz.
Der Zayande Rud fuehrt uebrigens momentan grad wieder mal Wasser, die vier mittelalterlichen wunderschoenen Bruecken fuehren also wieder uebers Wasser. Der Fluss war jahrelang ausgetrocknet. Die Si o Se Pol, die 33 – Bogenbruecke und die Pol-e Khadschu, die allerschoenste, war mit hunderten, wenn nicht tausenden von picknickenden flanierenden Menschen umgeben, flankiert von herrlichen Parkanlagen mit vielen Blumen. Und immer wieder hoeren wir „Welcome to Iran“! Ich sags ja immer, die Iraner sind das freundlichste Volk auf Erden! Auf dem Shah Square haben wir den Ali Qapu Palast besucht, Safran-Glace genossen, zum Lunch im Bazar unter den hunderten von Balustraden und Marktgassen in einem kleinen Restaurant Gheimeh Batemdschan, ein anderes Auberginengericht, genossen und dann in der dunklen uralten Tschaikhune Azadegan eine Wasserpfeiffe geraucht, wie in einer Raeuberhoehle, im Dunst, wie in einem Opiumloch in Shanghai… Dann in die grandiose monumentale Masdschid-e Shah, die unglaublich schoene Shah-Moschee. Meine beiden Kulturbanausen von Maennern – der Grosse wie der Kleine – haben solange im Schatten der Baeume im Gras mit Mojtaba gewartet, waehrend Golshan mit mir das Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert angehimmelt hat. Wir haben uns auf den Boden gesetzt, unter die groesste Kuppel und einfach nur gestaunt (obwohl ich ja bereits zum dritten Mal da war). Dass der Kleine lieber an die Chilbi geht versteh ich ja, aber der Grosse???
Golshan hat uns kulinarisch total verwoehnt und uns alles gekocht in den fuenf Tagen was man im Iran gegessen haben muss. Wir haben einmal ihre Eltern besucht (in einem noblen armenischen Quartier – das Seefeld von Isfahan) und einmal seine Eltern beehrt. Immer heisst es, wir sollen wieder kommen und seien herzlich eingeladen bei ihnen zu wohnen. Ich werde umarmt und auf beide Wangen gekuesst. Corsin hat das viel weniger gern. Ihm wird staendig auf den Kopf oder an die Wangen gegriffen, weil er so ein Schoener ist. Das macht man hier so. Wenn er haesslich waere, wuerde ihn niemand beruehren wollen, aber weil er so schoen sei, wolle man ihn anfassen. Naja, er begreift das noch nicht. Er reagiert barsch…
Flug mit Zagros Airlines 2 Stunden nach Mashhad, Chorassan Provinz. 22 Grad. Taxi in Valis Guesthouse. Da sind zwei Deutsche (11 Monate unterwegs), die grad aus Turkmenistan kommen und uns ausfragen ueber Iran und wir sie ueber Turkmenistan. Ein Schweizer und eine Taiwanesin kommen aus Afghanistan!!!!! Ich moecht schon so lange nach Afghanistan! Sie sind begeistert und schwaermen in hoechsten Toenen von den lieben Menschen. Ich glaub das gern, das sind ja auch Moslems! Aber ich kann noch warten, eines Tages, da werde ich auch nach Bamiyan fahren, zu den Buddhastatuenloechern (f..k the Taliban!) und den himmlischen Band-i Amir Seen! Der Schweizer kennt den NZZ am Sonntag- Journalisten Christopf Zuercher, der den Swiss Afghan Ski Challenge organisiert hat und das geile Buch „Wie ich Taliban, Menschenfresser und die staerksten Frauen ueberlebt habe“ geschrieben hat. Mein Grösstes Vorbild nach der Schweizer Schrifstellerin Ella Maillart.
Am naechsten Tag drei Std. Taxi an die turkmenische Grenze. Durch eine wunderbare Landschaft. Turkmensahra, turkmenische Ecke des Irans, auch von Kurden bewohnt. Herzige kleine Dorfer, Kinder hueten Schafe und Kuehe, Traktoren pfluegen, die Halbwueste blueht, alles gruen, im Sommer trocken und ockergrau. Unser Fahrer heisst Rafi, ein Megatyp. Hab seine Email und Hndynummer, wenn jemand in den Iran möchte und ein Taxi braucht, auch für 2 Wochen. Wer den Ostiran besuchen moechte, soll es mit ihm tun, er ist einfach sensationell, weiss alles und spricht super englisch. Ich haette 20 Stunden neben ihm im Auto sitzen koennen und ihm zuhoeren. Nicht nur wegen seinem akzentfreien Queens Englisch.
Corsin: „Ich verschtah das noed ganz, wieso d Iraner noed duetsch reded…“
Rollercoaster ueber vier Bergketten, hoechster Punkt ueber 1930 Meter. Picknick in einem kurdischen Dorf. Das iranische Grenzkaff Badgiran ist ein Shithole, Irani Customs, vis a vis Turkmen Immigration. Da faengts schon an. Our esteemed president Gurbanguly Berdymuchmamedov laechelt uns von der Riesenwand herab an. Haben 5 Tage Transit Visa, muessen 11 USD pro Person fuer was weiss ich bezahlen und die iranischen Trader beschenken Corsin mit Zeltli. Die turkmenischen Frauen lachen uns mit ihren Goldzaehnen an. Ich liebe Zentralasien! Ich bin wieder zu Hause! Mein Herz wird mir warm. Ich liebe ja schon den Iran, aber in Zentralasien fuehle ich mich am wohlsten. Minibus zum ersten Grenzposten runter. Da wartet schon Murad Akmamedov, mein Freund von 1996. Ich haette ihn nicht mehr erkannt! Nach 18 Jahren!!! Aber die Hauptstadt Turkmenistans, Aschgabad, habe ich wirklich nicht mehr erkannt!
HALLO??? Sind wir in Las Vegas???? Das ist keine Mischung aus Las Vegas und Pyongyang wie im Lonely Planet Guidebook beschrieben. Das ist echt die eine Haelfte Las Vegas, und die andere Haelfte altes Zentralasien aus den neunziger Jahren! Murad sagt Welcome to Pyongyang, aber es ist einfach Aschgabad oder Bishkek oder Tashkent aus 1994, einfach mit Satellitenschuesseln auf den Mikrorayons und mit Coca Cola. Ueberall grosse Toyotas. Selten noch ein Fossil wie Moskwitsch, Schiguli oder Zil Sto Tritzat.
Wir logieren in einem achtstoeckigen Luxushotel mit Biergarten und Disco-Bar und grad dahinter einem Park mit Spielplatz. Murad hat leider keinen Platz fuer uns, wohnt in einer klitzekleinen Hochhauswohnung mit Frau und drei Kids, laedt uns aber in ein traditionelles Restaurant in eine turkmenische Jurte ein. Erster Plov, Schorpo, Lipioschka und Samsas. Und endlich wieder mal eine Badewanne und eine sit down toilet. Das Guesthouse in Mashhad hatte furchtbare sanitaere Anlagen, aber das tut Corsin auch mal gut, der war schon in viel zu vielen 5 Sterne Hotels und soll doch ein richtiger Backpacker werden! Die iranischen Toiletten hat er uebrigens super gemeistert, er ist auf gutem Wege zum Rucksackreisenden! Wir sind hier nicht in den Ferien! Der Weg ist das Ziel! 😉
Kulturministerium, Oel- und Gas-Ministerium, Schwimmhalle, Parlament… alles in Marmor! Breite Strassen und NUR saubere Autos. Wenn das Auto dreckig ist gibts ne Busse. Super Vorschriften in einem Wuestenstaat mit nur wenig Wasser! Our esteemed President hat das angeordnet. Er laechelt uns von allen Seiten an. Im Jahre 2006 mit 99,9 % der Stimmen gewaehlt. Wie schon sein Trottel von Vorgaenger Turkmenbaschi, nachdem der Flughafen, Plaetze, eine Stadt und vieles mehr benannt worden sind. Diktatoren von der uebelste Sorte. Soll uns da aber nicht weiter interessieren.
Am zweiten Tag verbringen wir den halben Tag auf dem Spielplatz, Corsin spielt mit einheimischen Kindern. Jetzt muss ich mal erwaehnen wie sensationell er das macht. Er geht einfach hin und faengt an zu spielen mit anderen Kindern. Da gibts keine gemeinsame Sprache, aber er zieht einfach ein Maedchen am Aermel und rennt davon, da merkt die Angebetete dann schon selber, dass er Fangnis spielen moechte und rennt ihm grad nach! Es ist so schoen mitanzusehen, dass er so offen ist! Er haut jeden an! Er ist einfach herzlich und extrovertiert!
Abens dann die Party bei Murads Onkel und dessen Frau in einem Dorf ausserhalb von Las Vegas. Sein Sohn Atadschan, die Schwiegertochter Dschamilja (das waere mein Name gewesen wenn Corsin ein Maedchen geworden waere), der kleine 2jaehrige Ali, sowie Murads Frau Gulschirin (suesse Blume), Tochter Edschegul (15), Gulshat (10) und der dreieinhalbjaehrige Nurmohammad sind auch da. Ein Schaf wurde geschlachtet und das Festessen geht los. Corsin spielt mit den Buben, da hats so ein Elektroauto zum reinsitzen und wir haben Spielsachen mitgebracht. Die Maenner sitzen zu viert draussen im Garten auf dem Taptschan, dem bettaehnlichen Gestell und trinken zu dritt drei (drei!) Flaschen Wodka, waehrend wir Frauen und Kinder drinnen auf dem Boden um den Dastarchan, das Plastiktischtuch am Boden, sitzen und uns im Hintergrund das Hochzeitsvideo der Gastgeber anschauen. Wir habens lustig, weil alle russisch sprechen. Da Murad fliessend englisch spricht, versteht Christian
draussen auch alles. Haetten wir unseren Inlandflug fuer morgen nicht um 6 Uhr morgens waeren wir sicher bei ihnen geblieben fuer die Nacht, sie haben uns herzlich eingeladen zu bleiben. So faehrt uns aber Atadschan vor Mitternacht ins Hotel zurueck weil wir um vier Uhr aufstehen muessen. Der Wodka war gut, Christian hat kein Kopfweh…
Corsin: Wieso kommt Peter nie in den Iran?
Ich: Wahrscheinlich machen seine Eltern lieber Urlaub im Wohnwagen oder in Deutschland.
Corsin: Haben sie ihn denn nicht lieb?
Ich: Doch, aber sie machen halt andere Ferien…

Flug mit Turkmenistan Airlines nach Turkmenabad (frueher Charjew oder Tschardschu) und eine Stunde Taxifahrt an die Usbekische Grenze. Turkmenen stempeln uns aus, die Usbeken uns ein.

Khusch Gelibsiz“ steht auf der Tafel und wir verabschieden uns von einem Despoten und kommen zum naechsten, zum schlimmsten: Islam Karimov. Vergessen wir Politik, nicht gut hier… Welcome to Uzbekistan, die Zoellner laecheln freundlich, und ich hab mir wieder mal fuer nichts fast in die Hose gemacht. Wieso hab ich nur immer so Angst bei den Grenzueberquerungen? Ich bin ja sooooooooooooooooooooooooooooooooooo froh, dass ich bei meinem Plan, mit meiner Familie Zentralasien zu besuchen, geblieben bin und nicht aufgegeben habe zugunsten von 0815 Destinationen wie Australien und Neuseeland! Es ist einfach sensationell hier! Alle sind freundlich, die Hotels sind mit zwei kleinen Ausnahmen wunderbar, das Leben hier als Tourist ist angenehm und herrlich.
130 km mit dem Taxi bis nach Buchara.
Buchara die Noble, die Wahnsinnsstadt, ich liebe sie von ganzem Herzen! Wir logieren in einer Koranschule aus dem Jahre 1861, man muss sich das mal reinziehen, in einer alten Medresse! Unglaublich! Mit allen Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts! Mit einer halbrunden Badewanne mit fliessend heissem Wasser und einer westlichen Toilette! Die huebsche Vazira macht uns zum Fruehstueck Quarkkuechlein, hausgemachte Sauerkirschenkonfi, Aepfel und Mandarinenschnitze, hausgemachtes Joghurt, Fladenbrot, Omelettes. Wir essen auf dem Taptschan im Innenhof. Das Tschor Minor aus dem Jahre 1907 mit seinen vier Minarettchen, all die Moscheen und Koranschulen, die Burg des letzten Emirs… Seit dem 9. Jahrhundert unter persischer Kultur, unter den Samaniden wuchs Buchara unter dem sunnitischen Kalifen von Bagdad und kaempfte um den Platz der schoensten Stadt der Welt, mit Bagdad, Kairo und Cordoba. Sie war eine der weltgroessten Zentren intelektueller
Wissenschaften. Hier standen einmal 113 Koranschulen mit 10,000 Studenten und 300 Moscheen – als wir in Europa noch im Dreck gewohnt haben…
Und wir gehen an die Chilbi! Mit meinen zwei geliebten Kulturbanausen gehen wir jeden Nachmittag in den Samani Park an die Chilbi. Pedalofahren, Karussel reiten, Tuetschautoooli fahren usw. Corsin kann nicht aufhoeren. Zuckerwatte essen, Glace… Dafuer darf ich jeweils am Vormittag meinen Kulturhunger stillen und ein paar alte Monumente besichtigen (zum fuenften Mal, ich war 1994 zwei Mal hier, 1996 und 1997). Ich kann mich nicht sattsehen. Das hier sind die Maerchen aus 1001 Nacht. Ohne Tussis aus Paris. Diejenigen die von uns ein paar whatsapps bekommen haben mit den Fotos unserer Hotels, koennen es vielleicht besser verstehen. Nach zwei Naechten im Madrassa Hotel Amulet haben wir ins Amelia Hotel gezuegelt, weil ich mich einfach nicht fuer ein Hotel entscheiden koennte. Das Amelia ist ein Haus eines frueheren juedischen Haendlers. Im letzten Jahrhundert lebten hier Tausende Juden, die sogenannten Bucharajuden, nun sind die meisten nach Israel und USA ausgewandert. Dieses Hotel ist ein Bijou, ein Juwel und nennt sich auch stolz ein Boutiquehotel. Vom feinsten sag ich euch. Corsin kann jeden Tag baden… Hier lernen wir ein franzoesisches Paar mit ihrem dreijaehrigen Buben kennen und Corsin hat schon wieder einen Freund gefunden. Wir machen gleich ab, sie in Samarkand wiederzutreffen.

Jeden Abend essen wir am Lyabi Khauz, am Wasserbecken, die Kukeldasch und Divanbegi Madrasas sowie Khanaga schoen beleuchtet. Corsin darf jeden Abend bei der Azerbaidschanerin Elektroautos fahren und auf dem Gumpischloss herumtollen (Blasio!) Wir schauen uns eine Tanzshow an mit den unzaehligen Touristen in der Stadt. Der Tourismus laeuft auf Hochtouren. Es hat sehr viele neue Hotels und etliche Tourgroups.
Beim Geldwechseln zaehle ich die Scheine zuerst auf farsi/persisch/tadschikisch, und nachher noch auf usbekisch. Die Leute hauts total aus den Socken! Ich spreche ja unterdessen schon recht gut farsi, und nachdem die Russen bei der Zuteilung der zentralasiatischen Gebiete zu den Sowjetrepubliken die tadschikischen Staedte Buchara und Samarkand der Usbekischen SSR zugeschlagen haben, reden die Menschen in diesen zwei usbekischen Staedten immer noch tadschikisch, und das ist fast die gleiche Sprache wie persisch, also farsi. Wenn ich hier tadschikisch rede, hauts die fast um. Und wenn ich dann noch auf usbekisch zaehle, was ein tuerkischer Dialekt ist, dann glauben sies fast nicht. Dazu rede ich fast akzentfrei russisch. Einer hat dann nur noch gestammelt, ich arbeite sicher auf der Botschaft! Schoen waers!

We travel not for trafficking alone,
by hotter winds our fiery hearts are fanned.
For lust of knowing what should not be known
we take the Golden Road to Samarkand.
(James Elroys Fleckers 1913 Gedicht The Golden Journey to Samarkand.)

4-stuendige Taxifahrt nach Samarkand. Magisches Marakanda, Seidenstrassen-Stadt par excellence, an der Kreuzung nach China, Indien und Persien, hat Haendler und Kuenstler gebracht, von 6.-13. Jahrhundert ist es zu einer Metropole groesser als heute gewachsen, hat alle paar Jahrzehnte gewechselt in die Haende von Westlichen Tuerken, Arabern, persischen Samaniden, Karakhaniden, Seldschukentuerken, Mongolischen Karakitai und Khorezmshahs – bis Dschingis Khan gekommen ist im Jahre 1220 und ausser dem Kaljan Minarett alles zerstoert hatte. Dieses hat ihm wohl zu sehr imponiert. Ich bete es an! Das waere das Ende gewesen wenn nicht Timur 1370 entschieden haette, Samarkand zu seiner Hauptstadt zu machen. Timur, der grosse Eroberer. Er hat uns die Bibi Khanim Moschee hinterlassen, das Gur Emir, seine Grabstaette und die meisten Mausoleen des Shah-i Zinda. Sein Enkel hat die erste Medresse des grossartigen Registan erbaut, einer der schoensten Plaetze der ganzen Welt.
Hier wohnen wir bei meiner alten Freundin Katja, die ich 1994 im Zug von Moskau nach Taschkent kennengelernt habe. Sie wohnt mit ihrer Mutter Sonja (87), ihrer tschetschenischen Schwiegertochter Sarema (30), und vier Enkelkindern in einem schoenen grossen Haus in einem angenehmen Vorort der Stadt mit 600,000 Einwohnern. Corsin freundete sich sofort mit Shakhida, 7, Amina, 10, Amir, 13, und Timur, 14, an, sowie Katjas Tochter Sulfia, 36, ihrer Tochter Madina, 16, und Katjas Enkelin Dillschoda, 10, der Tochter von Katjas dritter Tochter Sulchumor, die mit ihrem Mann momentan in Moskau wohnt. Sulfia kommt mit Dillshoda und Madina fast taeglich zu Besuch oder wir gehen zu ihr in ihr grosses Haus und Katja kocht Plov draussen im Garten auf dem Kazan auf dem Holzfeuer. Wir werden unglaublich verwoehnt. Da kein Mann im Haus ist werden wir auch nicht zu Wodka genoetigt. Wir besuchen Ljuba, die Nachbarin, die ich auch seit 1994 kenne
und wir statten allen Nachbarn, die Tiere haben, einen Besuch ab. Einer hat Kuh und Kaelblein, ein anderer drei Schafe und Huehner, ein anderer gar einen kleinen 3 Monate alten Hund, den wir mehrmals besuchen, abholen und an der Leine spazieren fuehren. Sulfia hat eine schwangere Katze, eine richtige Schmusekatze zum knuddeln. Da vergisst Corsin sofort, dass er eigentlich viel zu muede war zum laufen. Eines Abends gehen wir in den besten Sonntagskleidern an die Chilbi. Corsin will nach 7 Tagen und 6 Naechten gar nicht mehr abreisen, er weint, weil er seine geliebte Shakhida verlassen muss! Da sie nicht in den Kindergarten geht, ist sie immer zu Hause waehrend die groesseren Kinder in die Schule muessen. Er liebt das Leben hier, das rumhaengen, spielen, gamen, Fernseh schauen, den Garten, das Essen am Boden, oder auf dem Teppich im Garten. Alle lieben ihn, er ist unser Sonnenschein. Apropos Sonnenschein: es ist 32 Grad im Schatten,
wir liegen herum wie halbtote Fliegen! Raffen uns aber auf, die besten Sehenswuerdigkeiten abzuklappern und treffen uns wieder mit den Franzosen. Aber im Restaurant mit der Dachterrasse gegenueber dem Registan machen unsere Buben dermassen viel Laerm, dass wir sofort nach dem Essen wieder abhauen. Deswegen ist das Leben bei den Einheimischen so schoen, da essen wir zu Hause, die Kinder koennen herumtollen und laut sein. Corsin liebt Usbekistan und will wiederkommen!
Uebrigens stand auf dem Grab von Emir Timur: wer immer dieses Grab oeffnet, wird gechlagen von einem Feind viel staerker als ich. Irgendsowas. Am 21. Juni 1941 hat ein sowjetischer Wissenschaftler das Grab geoeffnet. Einen Tag spaeter ist Hitler in die Sowjetunion einmarschiert…
Beim Coiffeur haut Christian endlich seinen zweimonatigen Bart ab und sieht grad 15 Jahre juenger aus. Manchmal lassen wir Corsin allein bei den Maedchen und gehen auf den Bazar einkaufen, oder eben zum Friseur. Er macht ueberhaupt kein Problem. Schon am 2. Tag bei Katja konnten wir ihn allein zurueck lassen. Er ist einfach ein Megajunge. Das Nachbarbaby Dschawokhir will er immer halten, er liebt Babies!
Was liegt denn da im Glas auf dem Fenstersims? Babuschkas Gebiss…
Die 300 km nach Taschkent, der Hauptstadt Usbekistans, legen wir im supermodernen Zug Afrosiab zurueck, Hoechstgeschwindigkeit 230 km / h. Wir bekommen von Katja und Sarema Brot, Gurken und Guetzli mit und fuehlen uns wie im Flugzeug.

Guesthouse, Bazar, Park mit Chilbi und Riesenrad. Soll einer sagen Zentralasien sei nicht kinderfreundlich! Am Flughafen lernen wir eine deutsche Familie mit zwei Kindern kennen, Frieda ist 5, Theo ist 3. Bald laufen Corsin und Frieda Haendchen haltend am Gate herum und wir fliegen in sein 16. Land, mein Lieblingsland Kirgistan. Wahnsinnsflug dem Tien Shan, den himmlischen Bergen, entlang.
Ja und da sind wir nun, bei Swetlana und Fedja und ihrer 19jaehrigen Tochter Oksana, in einem luxurioesen 270 km2 Haus mit Sauna, Bad, Waschmaschine und alles was das Herz begehrt. Grosse moderne Kueche, wir werden schon wieder gemaestet. Oksana hat zwei Hamster, das findet Corsin natuerlich total cool! In der Nachbarschaft hats viele Hunde, Pferde, Kuehe, Schafe, beim Teich Froesche und im Wasser Fische. Ein Babyhund will immer spielen und springt Corsin bis zum Bauch rauf. Und in der Stadt hat es im Park was wohl? Chilbi, Riesenrad und Co.!

Heute waren wir beim Autoverleiher und haben unseren Ford Focus schon gesehen. Am 5. Mai starten wir unsere grossen Abenteuerreise durch das Land der Jurten. Wir freuen uns riesig! Mit den Deutschen haben wir uns heute schon wieder getroffen und die Kinder sind aufgeblueht! Gestern haben Oksanas Freunde uns ein 4 Wochen altes Hundebaby gebracht. Sie wollten es Corsin schenken, aber ich hab dankend abgelehnt. Wenn
wir 6 Wochen mit diesem unglaublich suessen Kerlchen herumreisen, dann wuerde es mir das Herz brechen, es hier zurueck zu lassen! Da sagten sie, dann sollen wir es einfach bis am 5. Mai behalten. Aber das konnte ich auch nicht annehmen. Das Baby braucht seine Mutter, und Muttermilch, und ich will es der Mutter ja auch nicht wegnehmen. Zum Glueck war das alles auf Russisch und Corsin hat das nicht verstanden… Der ist auch happy wenn er bis um 23 Uhr Tom und Jerry schauen darf auf dem Tablet! Und wir geniessen hier jeden Abend schto gramm, 100 Gramm bzw. 100 cl oder ein paar Glaeschen Wodka oder Cognac 🙂
Mein Deutsch ist schlecht geworden, ich hab so ein Mix aus Sprachen. Mit den Franzosen kam noch das Franzoesisch dazu! Jetzt heisst es auf kirgisisch umschalten.
Am 23.5. kommen wir fuer 3 Tage nach Bishkek zurueck, weil Swetlana am 24. fuenfzig wird und eine grosse Partz veranstaltet in einem Lagerhaus im Ala Archa Tal in den Bergen ausserhalb Bishkeks. Alexandra Schwesterherz, koennen wir skypen am 23. am Abend? Oder am 25. am Abend? Wir sind euch jetzt vier Stunden voraus. Sonst koennt ihr auf Swetlanas Festnetz anrufen oder whatsappen.
So und jetzt geh ich auch ins Bett – spakojnoj notschi

Herzliche Gruesse
Fausta, Christian und Corsin

  1. Reisebericht

Bischkek, 22. Mai 2015
Liebe Familien, liebe Freunde und Bekannte
mal schauen ob ich weniger Text hinkriege als im letzten Bericht – wenn ich mal anfange, dann laeuft es immer wie am Schnuerchen und ratzfatz sind da 6 Seiten zum lesen.  Vielleicht mag ja eine oder einer gar nicht so viel lesen… fuer meine Fans aber Danke fuer die Komplimente. ich empfehle mein Buch 🙂
Wir sind nun bereits ueber drei Wochen in meinem Lieblingsland und ich liiiiiiebe es, ja ich empfinde eine ganz tiefe Liebe fuer dieses wunderschoene Land und sein liebes Volk. es tut mir so leid dass sich fuer die meisten Menschen die wirtschaftliche Lage nicht verbessert hat! Was mir an Unterschieden gegenueber dem Jahr 1997 (meinem letzten Besuch hier) vor allem auffaellt ist dass erstens jeder ein Mobiltelefon hat und zweitens in jedem Dorf jetzt eine Moschee steht. Nun, ich liebe ja Moscheen, und ich mag Muslime, es sind die gastfreundlichsten Menschen auf der ganzen Welt, und wo Muslime wohnen, fuehle ich mich wohl. Aber hier sind die Moscheen keine schoenen architektonisch wertvolle historische Bauten, sondern eher haessliche Blechbaracken. Es gefaellt mir gar nicht, dass ich im Ferghana Valley im Sueden so viele verschleierte Frauen gesehen habe. Angeblich findet der Islamische Staat hier neue Schaefchen. seine Rekrutierer stossen hier auf fruchtbaren Boden, weil so viele junge Maenner arbeitslos und perspektivenlos sind.
Aber zu angenehmeren Themen. Am 5. Mai haben wir Bishkek verlassen. Ueber einen 3586 Meter hohen Pass (jawohl, fast dreitausendsechshundert!!!) mit noch vielen Schneeflecken, vorbei an einer Skistation mit einem Sessellift, fuhren wir in unserem Ford Focus Kombi ueber die herrliche idyllische Suusamyr Hochebene, leider noch ohne Jurten, weil die Sommerhirten sich mit ihren Tieren noch nicht auf den Weg gemacht haben auf die Tschailoos, die Sommerweiden. Nach einem zweiten Pass ueber 3100 Meter kamen wir nach 5 Stunden nach Toktogul fuer unsere erste Nacht in einem neuen sogenannten Gostenoj Dom, einem Bed and Breakfast bei einer Familie, deren Teenager ziemlich gut franzoesisch sprechen. Fuer drei Betten, warmer Dusche, Abendessen und Fruehstueck bezahlen wir hier 1300 Som, das sind umgerechnet etwa 21 Schweizer Franken. Am naechsten Tag um den Toktogulsee, durch die Naryn Schlucht, dem Fluss entlang, der spaeter Amu Darya genannt wird und in den toten aralsee muendet in der wueste Usbekistans.
Wir blieben vier Tage in der Stadt Dschalalabad bei der Russin Walja, vier Tage in Arslandbob in einem Community Based Tourism (CBT) Bed and Breakfast, einem wunderhuebschen Homestay in Arslanbob, wo ich Mohammadschan wiedergetroffen habe, einen guten Freund von 1995, dann vier tage zu Kanatbek Amirakulov, dem sohn des Bienenzuechters Kotschkorbai aus 1997, im Doerfchen Kyzyl Unkur, und vier tage bei Akej Subanaliev in Tschylgyn bei Sary Tschelek, auch einem Freund aus 1996.
In Dschalalabad gibt es nichts zu sehen, Shithole und Hitze, 35 grad im Schatten. Aber Walja, die kann kochen!!! Fleischpastete mit selbstgemachtem Blaetterteig, Ravioli mit Kartoffelstockfuellung, Varennicki/Teigtaschen mit Sauerkirschenfuellung, Plov (Risotto mit Gulasch)… Und sie hat einen Hund, Tobik, mit dem hat Corsin 4 tage lang gespielt, und eine Katze.  Und sie hat einen Bobbycar von ihrem Enkel. Den hat sie uns grad geschenkt, weil ihr Enkel ja schon 6 sei wenn er wieder komme, und ihn dann ja nicht mehr brauche. Seitdem reisen wir mit diesem Kinderspielzeugauto im Auto. Wir haben oft und oefter ein paar Glaeschen wodka gekippt mit ihren russischen Freunden Kolja, Ljena und Sonja, und am 9. Mai auf dem Kriegerdenkmal Blumen hingelegt. Tanja und Vitja sind nach Tjumen, Russland, ausgewandert, Shenja und Sasha auch, Kajm auch, und Mischa wohnt sonst irgendwo in Russland. Walja ist alleine in Kirgistan zurueckgeblieben. Sobald sie ihr Haus fuer 60,000 USD verkaufen kann, reist sie nach. Sonst bleibt sie hier.

Der 9. Mai, wie er in Putins Russland gefeiert wird, hat nichts mit dem Sieg des Volkes zu tun. Er ist kein Tag des Friedens. Er ist Tag des Waffengeklirrs, der Kriegserklaerung gegenueber Fremden und Einheimischen, ein Tag der geheimen Leichentransporte, der grossen Luege und der grossen Niedertracht. (…) Wissenschaftler, Computerexperten etc. verlassen in Scharen das Land… (aus der NZZ von Mikhail Schischkin)
Waehrend es mir in der Schweiz mehr oder weniger gelingt, den SVP-Waehlern aus dem Weg zu gehen, ist es hier schwierig, den Putin-Fans auszuweichen. Jeder scheint hier dem russischen Praesidenten freundlich zugeneigt zu sein. Im Nahen Osten liebte ich die stundenlangen Diskussionen mit den freundlichen Muslimen ueber die Politik, auch im Iran ging das immer sehr gut, aber hier ist es unmoeglich. Als ich einer Russin gegenueber mal erwaehnte, Putin habe ja die Krim “geklaut”, da wurde sich richtiggehend wuetend und sagte, die Krim sei immer schon russisch gewesen. Es sei “ihr” Land!
Anyway, zurueck zu unserem Trip. ein Roadmovie der gemuetlichen Art. Die schoensten Landschaften ziehen an uns vorbei. Wir fahren nur alle vier Tage weiter. In Arslanbob sind wir schon auf 1800 Meter Hoehe, in einem malerischen Bergdorf. Weil ich nicht mehr die Juengste bin, schaetze ich eine heisse Dusche taeglich und ein sauberes, angezogenes Bett. Wir wohnen in einem Haus mit einem schoenen farbigen Blumengarten, die jungen Damen des Hauses versorgen uns mit vielen feinen Speisen und selbstgemachter Konfituere aus den Fruechten ihres Gartens. An einem Tag Apfel- und Zwetschgenkonfi, am naechsten Erdbeeren- und Kirschenmarmelade. Jeden Tag spazieren wir zu Mohamadschan und seiner Familie rauf und setzen Corsin auf seinen Esel. So machen wir kleine Tageswanderungen zu einem Wasserfall, zu seiner Tochter und ihrer Familie (die ein junges Kaetzchen haben, das Corsin nicht mehr aus den Haenden geben moechte), durch Walnusswaelder. Suesses Dorfleben! Wir fuehlen uns wie in einem Heinrich Gretler Film, mit Ueli dem Knecht oder Ueli dem Paechter, in einer Schweiz wie vor 70 Jahren. wir sind sehr gluecklich und geniessen das Landleben. Corsin findet in Mohammadschans Enkeln schnell Freunde.
In Kyzyl Ünkur muessen wir das Wasser mit dem Esel beim Fluss unten an einer Quelle holen. Was fuer uns romantisch ist, ist fuer die Leute anstrengend. Die junge Frau Adina, 23, hat ihr 4 Monate altes Baby Akmanai staendig auf dem Arm oder an der Brust, muss den eineinhalbjaehrigen Sohn Nursultan versorgen, keine Windeln, sie putzt, waescht, kocht, macht unser Bett, waehrend ihr Mann immer kloent, es gaebe hier in Kirgistan keine Arbeit. 20 Prozent der arbeitsfaehigen Kirgisen arbeiten in Russland auf dem Bau. Dort sei jetzt aber auch Krise, sogar dort seien Kirgisen nun arbeitslos. Dass diese Krise durch Putin selbst verschuldet wurde, will niemand wissen. Wir sagen nichts mehr…
Mit den Maedchen Erkayjm und Nurayim machen wir wieder Wanderungen, Corsin auf dem Esel, ein kleiner Manas, der Dschingis Khan der Kirgisen, er wird von den Maedchen verwoehnt. Ueberall haben die Kuehe kleine
Kaelbchen, die Pferde haben Fohlen, die Esel haben kleine Eselchen, die Huehner haben 10 kleine Kueken um sich gescharrt, es hat ueberall Hunde, manchmal auch Katzen – wie koennte es da Corsin auch langweilig werden. Er vermisst die Schweiz ueberhaupt nicht!
Einmal hat Corsin einen Wunsch frei. Was wunenscht du dir, frage ich ihn. “Ich wuensche mir, dass Peter auch in den Iran kommt!”

Christian: “Bis der kommt, bist du ja schon nicht mehr dort.”

Ich: “Ja Corsin, meinst du eigentlich, dass wir immer noch im Iran sind?”

Er: “Ja.”

Da erklaere ich ihm, dass wir den Iran bereits dort verlassen haben, wo die iranischen Haendler ihm in der Schlange am Zoll Zeltli gegeben haben, da wo uns die Iraner die Paesse kontrolliert und gestempelt haetten, wo uns dann die turkmenischen Zoellner die Paesse kontrolliert und gestempelt haetten, und wo uns dann der Murat in seinem grossen Auto abgeholt habe und wo er dann mit Nurmohammed und Ali mit den Spielzeugautos gespielt habe. Dort sei der Iran fertig gewesen und dort habe Turkmenistan angefangen… Dann nach dem Flug mit der Turkmenistan Airlines, wo wir mit dem Taxi gefahren seien, dort haetten wir dann Turkmenistan wieder verlassen und seien ja dann nach Buchara gefahren, dort habe Usbekistan angefangen, da wo der Samani Park gewesen sei mit der Chilbi, mit der Autotuetschi, dem Riesenrad, dort habe Usbekistan angefangen. Und wo er dann die Frida, seine deutsche beste Freundin kennengelernt habe, dort seien wir aus Usbekistan ausgeflogen und bei der schoenen Aksana, dort habe Kirgistan angefangen… Ja vielleicht haetten wir ihm das bei den Grenzuebertritten besser erklaeren sollen 😉
In Kyzyl Unkur schliefen wir bei der Direktorin des Kindergartens. Sie bat mich, in den Kindergarten zu kommen und ganz viele Fotos zu machen mit unserem tollen Fotoapparat. Wir gingen dann mit ihr hin, einem von UNICEF gesponserten “djetski sad”. Corsin spielte mit den Kindern und ich schoss unzaehlige Fotos, die sie dann zwei Tage spaeter in einem Fotosalon in Bazar Kurgan auf einen USB stick copy pasten liess und spaeter ausprinten.


5 Stunden Autofahrt nach Kara Tschigatsch und Tschylgyn, am Fusse des Nationalparkes resp. Biosphere Reservat Sary Tschelek, einem der schoensten Orte des Landes. Geheimtipp, noch. Ich habe Akej und seine Frau Narsulu 1996 kennengelernt und seither immer noch Kontakt mit ihm. Seine Kinder sind alle ausgezogen, aber ein Enkel wohnt noch bei ihnen, der dreijaehrige Alymbek. Ein weiterer Freund und Spielkamerad fuer Corsin. Ausserdem Wachhund Akscholtoj, eine Kuh mit zwei Kaelbern und ein Esel mit Baby. Grosser Garten, zwei Gebauede. Wir haben ein Haus fuer uns allein und eine russische Banja oder Sauna. Herrliches idyllisches Dorfleben wie im Bilderbuch. Abends kommt die Kuh selber nach Hause, die Baeuerin melkt sie, erst dann duerfen die Kaelber ran. Einen Tag sitzen Corsin und Christian 5 Stunden auf je einem Esel, zu einer Alp hinauf. Ekmet, Elaman, Baiaman, die Buben spielen mit den jungen Laemmern und Corsin ist total verliebt in das herzigste Schaefchen. Akej hat uns angemeldet, die da oben hatten auch ein Mobiltelefon. Unglaublich. Internet auf dem Tschailoo. Als die Baeuerin grad den Tandyrofen eingeheizt hat, die Hand im Handschuh, das Fladenbrot bestrichen mit Wasser, grad parat zum in den Ofen kleben, da laeutet ihr Handy. Es ist zum… aber es riecht gut, das frische warme Brot. Issyk naan!
Im Sary Tschelek N.P. hatte es Kaulquappen, die Corsins Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten. Sind zufaellig in einen business lunch geraten von ein paar russischen Gazprom- und Surgut Neftegas-Businessmeny, die an einem riesigen Tisch sassen mit 6 Flaschen Wodka und allem was das Herz begehrt; frischen Erdbeeren und Kirschen, auf dem Bazar zu horrenden Preisen die ersten Fruechte des Jahres. Die einfachen Gerichte bei unseren eher aermlichen Hosts haengen uns langsam zum Hals raus. Ich moechte wieder mal etwas Feines, ich gebs zu. Kulinarisch ists hier kein Highlight, da haetten wir nach Indien oder Thailand reisen sollen. Aber hier ist mein Herz zu Hause… Am letzten Abend macht Akej ein grosses Lagerfeuer in seinem Garten am Fluss. Wir kaufen im Dorfladen Bier fuer uns und Fruchtsaft und Chips fuer die Kinder und bleiben bis spaetnachts auf und schauen ins Feuer und in den unendlichen Sternenhimmel ueber Kirgistan.

Dann passierte es.
Christian dachte, ich habe “Diesel” gesagt, ich dachte Christian habe “Diesel” gesagt, die Zwetschge von der Tankstelle hat nicht mal gefragt. 35 Liter. Und es rupfte, es zuckte. Scheisse. Nach 35 Kilometer sind wir dann doch umgekehrt. Wie kann man nur so bloed sein, verdammt nochmal! Zum Automech, alles ausleeren, alles durchspuelen, mit dem Kanister Diesel kaufen, zum Glueck nur acht Franken fuer die Arbeit, wieder zur Tankstelle und endlich dieses haessliche Kaff Taschkumyr wieder verlassen. Es blitzt und donnert, schwarzer Himmel, Wind, Sturm, Weltuntergangsstimmung.
In Toktogul im B&B haben sie sich unterdessen einen 1 Monate alten Hund angeschafft. Corsin war nicht mehr zu halten. Der wollte grad 10 Tage in Toktogul bleiben. Naja, die Landschaft um Toktogul ist unbeschreiblich malerisch, sensationell, fuer Bildbaende, Coffee table books geeignet, fuer Fotoalbentitelseiten, aber grad 10 Tage ist dieses Kaff dann doch auch nicht wert.
Auf dem Weg zurueck in die Hauptstadt ist Alpaufzug. Immer wieder begegnen wir Hirten auf Pferden, die grosse Schaf-, Kuh- und Pferdeherden vor sich her treiben auf dem Weg zu den Sommerweiden. Auf den beiden ueber 3000 Meter hohen Paessen schneit es! So sind wir dann heute wieder nach Bishkek zurueckgekehrt, um morgen einzukaufen, zwei Betty Bossi Kuchen zu backen fuer Swetlanas Geburtstagsparty am Sonntag, um Penne al pomodoro zu kochen, abends Pizza zu backen, um Waesche zu waschen, um wieder mal abzusitzen auf einer Toilette, Musik zu hoeren in der heissen Dusche …
Haben gehoert es habe 30 cm Neuschnee in Sedrun und auf der Fareina. Wuenschen euch aber trotzdem einen schoenen Fruehling, es wird schon wieder warm.


Mit lieben Gruessen aus Zentralasien
Eure Nomaden auf der Seidenstrasse
Fausta, Christian und Aibek Khan alias Corsin

4. Reisebericht

Bischkek, 17. Juni 2015

Liebe Familien, liebe Freunde und Bekannte
Wie geht es Euch? Von den einen und anderen bekomme ich manchmal email, sms und whatsapps – vielen herzlichen Dank! In den letzten Tagen war es mir leider nicht immer moeglich, Fotos zu schicken, einerseits weil wir keinen Empfang hatten (unglaublich, in fast ganz Kirgistan hatten wir fast immer Internet!!!), aber andererseits weil es mir gar nicht drum war, weil mein Vater seit zwei Wochen im Spital ist. Es geht ihm unterdessen aber schon viel besser. Er wurde von der Rega in einem Privatjet in die Schweiz geflogen und mit dem Krankenwagen direkt ins Spital Horgen. Fuer mein Mami auch eine Riesenerleichterung! Geliebter Papi, gute Besserung. Ich liebe Dich ganz fest!
Wo sind wir stehengeblieben? An der Geburtstagsparty von Swetlana haben 25 Leute etwa 36 Kilo Schaffleisch und zwei Poulets in sich hineingestopft. Ausserdem 15 Flaschen Wodka und Cognac getrunken. Zu spaeterer Stunde wurden dann kirgisische Heimatlieder gesungen. Eine tolle Party war das! Happy Birthday Swetlana!
Wir sind nun seit 50 Tagen / 7 Wochen in meinem immer-noch-Lieblingsland Kirgistan. Vier Mal groesser als die Schweiz, aber nur 6 Millionen Einwohner. 94 Prozent Gebirge, mit sogar 2 Siebentausendern, die noerdlichsten der Welt. Ein unglaublich schoenes Land! Waehrend wir in den ersten drei Wochen unserer Autoreise nur 5 Touristen von Weitem gesehen haben, sind uns in den letzten drei Wochen doch noch zwei Schweizer auf einem schweren Motorrad, drei franzoesische Wanderer, zwei Franzosen auf BMW-Motorraedern, zwei Kolumbianer (!) und ein Oesterreicher auf einer 750 African Twin begegnet! Ein Deutscher hat ein Pferd gekauft und geht 2 Monate reiten. Alles Langzeittravellers. Ich bin so froh, dass ich es auch in meinem hohen Alter noch schaffe, ein wahrer Backpacker zu sein. Habe meine Haare 13 Tage nicht gewaschen und schaffe es zwei Tage ohne Dusche. Hahaha. Bin auch stolz auf meine zwei fellow travellers, den Alten und den Jungen. Christian schlaegt sich prima, ist auch begeistert, und Corsin ist eh der Unkomplizierteste. Er wird ueberall verwoehnt und macht alles prima mit. Ihm ist es ja sowieso scheissegal ob er sich waschen kann oder nicht! Die Hauptsache ist, es gibt andere Kinder, Spielsachen und viele Tiere. Und das gibt es immer, jeden Tag und ueberall.
Wir sind um den Issyk Kul See herumgefahren. Der wundervolle See ist der zweitgroesste alpine See der Welt (nach dem Titicacasee), er ist 170 km lang und an der breitesten Stelle 60 km breit. In Tscholpon Ata, dem Montreux des Issyk Kuls, haben wir chinesisch gegessen bei den Dunganen, einem chinesischen Volk, das vor Generationen hierher eingewandert ist. Auf den Strassen verkaufen sie gegrillte Poulets (Haehnchen fuer unsere deutschen Freunde) am Spiess, das liebt Corsin am meisten. Glace an der Sonne geschleckt bei 14 Grad. Haben kurz gebadet und kleine Crevettchen gefangen und wieder in den See geworfen. In Ananjevo haben wir Nuriks Bruder Aibek besucht, er ist unterdessen verheiratet und hat einen 6jaehrigen Sohn. Seine Schwester wohnt bei ihm und zuechtet Truthaehne. Die 1, 2 oder 3 Tage alten Truthaehnbabies und die frischgeschluepften bis ein paar Tage alten Bibeli (Kueken) haben es Corsin am meisten angetan. Er darf sie in die
Hand nehmen und streicheln. Der Nachbar hat einen ganz jungen Hund und Aibeks Hund ist auch noch jung. Wir spielen mit den Tieren und gehen spazieren mit den Hunden. Askar, ein anderer alter Freund von 1993, treibt einen anderen kleinen erst 1 Monate alten Hund auf, den wir den ganzen Tag spazieren fuehren. Dann bringt noch einer ein Pferd und Corsin darf reiten!
In einer heissen Quelle liegen wir eine ganze Stunde in einer heissen Quelle, ein open air swimming pool mit Blick auf Viertausender und den See. So geil!
Am oestlichsten Punkt unserer Reise bleiben wir vier Tage in der Stadt Karakol bei einer Familie mit westlicher Toilette (endlich wieder mal ABSITZEN!) und Warmwasser in der Dusche! Die Frau verwoehnte uns kulinarisch so sehr, dass ich ihr auch grad zwei Kuchen gebacken habe. Die Leute sind begeistert. Wir gehen in einen Fastfoodladen fuer Pommes und Hamburger, in eine Pizzeria und in den Puschkin-Park auf die Chilbi, wandern in Dschety Oguz und Ak Suu (fuer die Kirgistankenner unter meinen Lesern, und das sind nicht wenige). Sergey Pyschnenko gibts auch noch, er fuehrt immer noch eine Travel Agency.
Weiter westlich stoppen wir in Bokonbajevo in einem Jurtcamp mit sieben Jurten, direkt am See bei Bel Tam/Ton. Das Camp sieht aus wie in einem Wildwestfilm. Sitzen ums Lagerfeuer mit Chips und kaltem Bier. Hier fahren die zwei Franzosen auf ihren BMW Toeffs ein, sie sind durch den Iran, Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan gefahren, ueber den legendaeren Pamir Highway! Dem Deutschen mit dem Pferd empfehle ich Flipflops zum duschen, der hat nur Gummistiefel dabei! Lustige Gesellschaft, da kamen noch vier Spanier von Barcelona und zwei franzoesische Tussis die in der Botschaft arbeiten. Aida sagt, ich sei eine Superschenschena. Ich liebe sie! Hier in Bokonbajewa besuchen wir Talgar, einen kirgisischen Adlerjaeger. Sein Adlerweibchen ist 11 Jahre alt. Wir duerfen es auf den Arm nehmen und streicheln. Auch seine zwei Falken. Ein unglaublich schoenes Erlebnis! Zeige Euch dann gerne mal die Fotos.
Jetzt noch zu Mira, einer weiteren Freundin, die ich 1997 kennengelernt habe. Sie hat 5 Kinder und 14 Enkel. Kurzentschlossen veranstalten wir das Megapicknick der ganzen Reise: Mit einem Lastwagen und einem Jeep fahren wir zu fuenfzehnt mit ihrer Jurte auf einen Tschailoo, eine Alp, fuer drei Tage und drei Naechte. Die Dschigiten, die jungen Burschen, setzen sich zur Jurte auf den Lastwagen, wo auch ein ganzer Ofen, Kochstelle, Pfannen, Geschirrtruhe, Kessel, Tschainik (Teekessel) etc. und ein Dutzend Kurpatschas, Matratzen, aufgetuermt sind: kurz, der halbe Haushalt. Wir stellen das Filzzelt in zwei Stunden auf, und schlafen zu zwoelft drin, Kind und Kegel. Spielen Fangnis und Versteckis vor dem Einschlafen, zwei Schafe werden geschlachtet und ALLES wird gegessen, Augen, Ohren… ich kann kein Hammelfleisch mehr sehen! Die Daerme werden gehaekelt und gezoepfelt – es hat mir total abgeloescht!
Gingen Fischen, aeusserst erfolgreich, etwa 50 Fische in einer Stunde. Ausgenommen, gesalzen und fritiert haben wir sie zum Fruestueck mit Kopf und Schwanz sehr genossen! Bei den umliegenden Jurten wurden wir zu Tee, frischem Kaimak/Rahm, dem besten der Welt und zu Erdbeer- und Cassiskonfituere eingeladen, ein Festakt! Um uns herum hunderte von Pferde, Kuehe, Schafe, Ziegen, und tagealte kleine Fohlen, Kaelber, Schaeflein und ein vier Tage altes Geisslein, kleine und grosse Hunde, ein Paradies auf Erden! Fuehlten uns wie Heidi und der Geissenpeter oder in einem Heiri Gretler Film. Fuer die Kinder gabs den ganzen Tag Zeltli und Schoeggeli. Die Kirgisen waren dann sehr erstaunt dass wir Corsin 2 Mal am Tag die Zaehne putzen…
Das Juwel zum Schluss. Ueber einen 3400 Meter hohen Pass, wo der Schnee noch zwei Mal so hoch wie unser Ford Focus stand, erreichten wir den Son Kul, einen 29 x 18 km grossen See, im Sommer nicht waermer als 12 Grad, auf einer Hoehe von 3016 Meter. Beim CBT (community based tourism) office haben wir zwei Naechte in einer weiteren Jurte gebucht. Turdubek, seine Frau Farida, Babushka Dschuma und Enkelin Miraida haben uns schoen verwohnt. Corsin hat seine Spielsachen mit dem 14 Monate alten Adil geteilt und mit den Nachbarjungen mit dem Esel gespielt. Abends fuhr der Oesterreicher Ali (alias Alfons) ein, ein pensionierter Weltenbummler. Der macht uns Mut: wenn Christian pensioniert wird, fahren wir auch mit dem Motorrad nach Zentralasien! Als ich Corsin mal gefragt habe, ob er mich spaeter auch mal mitnehme auf Reisen, da meinte der:” Nein, dann bist Du doch schon tot!”. Oh Gott! Der Papi habe das gesagt. In der Nacht sind wir dort oben fast erfroren. Null Grad um 19 Uhr.
Jetzt sind wir zurueck in Bishkek/Voyenno Antonovka bei Swetlana, Aksana und Fedja, es ist unterdessen 32 Grad heiss, Swjeta kocht uns den letzten Plov, ich habe eine Apfelwaehe gebacken, Corsin und Christian schauen Tom und Jerry und wir haben wieder mal unsere total dreckig staubigen Kleider gewaschen, Haare schamponiert und endlich wieder warm geduscht. War sogar in der Manikuere – man goennt sich ja sonst nichts. Uebermorgen fliegen wir nach Antalya in ein Fuenfsternehotel fuer die letzten zehr Tage! Nobel und mondaen soll diese sensationelle Reise zu Ende gehen!
Liebe Gruesse aus dem Land der Jurten und Hirten

Eure Nomaden Fausta, Christian und Aibekdschan Corsin

über diese Reise erscheint demnächst im Sommer 2019 das Taschenbuch (auch als e-book) BOBBY CAR BEI DSCHINGIS KHAN

Über meine Reise durch Zentralasien 1996/1997 erschien das Buch TSCHAI-KHANA. ABENTEUER AUF DER SEIDENSTRASSE

siehe auch das Kapitel “Mein Buch” mit dem Link zum Verlag zum Bestellen!